Dienstag, 20. Mai 2014

Selbstrettungstrainings für Babies ???

Immer wieder findet sich allerlei Sinniges oder Unsinniges zum Thema Baby+Wasser. So gibt es einen aus USA kommenden Trend, indem einem 6 Monate altem Säugling das Schweben in der Rückenlage antrainiert wird. Hierfür wird das Kind meist über einen Zeitraum von 4-6 Wochen täglich für 10 Minuten mit einem ihm wildfremden Schwimmtrainer ins Wasser gegeben (die Eltern bleiben draussen und sind nicht bei ihrem Kind). Das Kind wird innerhalb seiner Trainingseinheit immer wieder in die Bauchlage gebracht und durch bestimmte Drehbewegungen vom Trainer in die lebensrettende Rückenlage.

Die Idee dahinter ist, das Kind vor dem Ertrinken zu retten, indem man ihm vermittelt, wie es sich selbst helfen und in die Rückenlage bringen kann, bis Rettung naht.

Auf youtube und ähnlichen Plattformen kann man Dutzende von Filmbeiträgen  hierüber sehen. Schaut man sich mehrere dieser Filme an wird man natürlich Kinder so um 1 Jahr herum sehen, die das ganz toll machen und wirklich gelernt haben, wie sie sich in die Rückenlage bringen und bei den größeren Babies ab ca. 1 Jahr auch, wie sie den Beckenrand erreichen, indem sie unter Wasser hinschwimmen.
Allerdings findet man auch die Filme, die sehr deutlich zeigen, wie es den meisten Babies mit diesem sehr rigiden Training tatsächlich geht - sie schreien. Und das oft herzzerreissend. Das ändert aber nichts daran, dass der Trainer sie noch während des Schreiens zurück in die Bauchlage dreht und die Trainingseinheit rigoros fortgesetzt wird.

Ich weiss ja nicht....aber wenn Mitschüler einen Kameraden mit ihrem Handy filmen, während der geärgert oder sogar gequält wird, nennt man das "happy slapping" - nichts anderes ist das, was uns diese Filme über diese Babies zeigen.

Wo bleibt die Würde für die Kinder?

Brauchen wir wirklich einen Crashkurs für unsere wenige Monate alte Säuglinge, um sie vor dem Ertrinken zu sichern? Wie zum Beispiel soll denn ein 6 Monate alter Säugling alleine zu einem Pool, See oder Meer gelangen??

Rechtfertigt der Zweck wirklich alle Mittel?

Nein - ich glaube nicht! Ich bin nun schon so viele Jahre mit Babies im Wasser und begleite sie und ihre Eltern wie sie voller Freude Vertrauen und Sicherheit im Wasser erlernen können. Auch wir vermitteln ihnen (altersentsprechend), dass und wie man sich an einem Beckenrand sichern kann. Aber das geschieht im Einklang mit der kindlichen Neugier und nicht mit Zwang und Gewalt. Im Rahmen des Babyschwimmens das Tauchen zu erlernen - und zwar geordnet und im Einvernehmen mit dem Kind - ist aus erwiesenen Erkenntnissen der beste Schutz vor dem Ertrinken: ein Kind, das plötzlich in einen Pool stürzt, ertrinkt, weil es in einen Schock gerät. Ein Kind, das die Taucherfahrung gelernt hat, mag erschrecken, gerät aber nicht in Schock.....auch die Rückenlage erlernen manche Babies wie nebenbei beim Babyschwimmen - aber immer aus der sicheren und liebevollen Haltung und Zuwendung ihrer Eltern!

Nicht selten schwimmen "unsere" Babies im Alter von 9-10 Monaten unter Wasser schon eigenständig eine kleine Strecke - WEIL SIE DAS WOLLEN. Hierfür mussten sie nicht trainiert werden oder gar von fremden Händen in unangenehme Lagen gebracht werden!

Ich will die Gefahr des Ertrinkens nicht klein reden, auch nicht den betroffenen Eltern solcher Kinder zu nahe treten, aber ich möchte hier einstehen für die Säuglinge, die keine Wahl haben und solchen - aus meiner Sicht traumatisierenden Methoden - ausgesetzt sind.
Durch meine therapeutischen Ausbildungen und Erfahrungen in der Arbeit mit traumatisierten Babies und Kindern dreht sich mir der Magen (und mein Herz) um bei der Vorstellung, was manchem Kind durch solche Praktiken angetan wird....

Wenn man sich mal mit den Hintergründen des kindlichen Ertrinkens näher beschäftigt, wird man übrigens u.a. auch feststellen, dass manches Kind ganz tragisch in einer Pfütze (!) oder in einem babypooltiefen (30 cm) Gewässer ertrunken ist - diesen Kindern hätte das Training nicht geholfen zu überleben.

Liebe Eltern, bitte vertraut auf euer gutes Bauchgefühl (und mißtraut allem, was ein schlechtes Bauchgefühl macht!), ob Ihr Eure Kinder solchen "Trainings" aussetzen wollt.

Ich jedenfalls glaube nicht, dass wir unsere Kinder durch solche Praktiken "schützen", aber ich glaube sehr wohl, dass unsere Kinder unsere Zuwendung und unseren Schutz verdient haben, sie so lange zu hüten und liebevoll begleiten, wie sie dies brauchen!

Schwimmfreundliche Grüße
Deva Doege







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