Mittwoch, 26. April 2017

Ist das noch zeitgemäss?

Alltäglich werden wir durch die Vielzahl der Medien über neue Erkenntnisse, Studien und Forschungsergebnisse informiert. Dabei frage ich mich oft, ob wir durch die Flut der Informationen nicht ganz oft, ganz wesentliches vollkommen aus dem Blick verlieren, bzw. gar nicht erst wahr nehmen.....
- oder auch: welche Konsequenzen ergeben sich aufgrund der gewonnen Erkenntnisse? Kann uns diese Informationsflut überhaupt noch dienen?

Junge  Eltern, die sich heutzutage bemühen, ihre Kinder zeitgemäß zu begleiten, werden von sich widersprechenden Informationen oder Erkenntnissen mehr verunsichert als dass die jeweiligen Ratgeber wirklich nutzen. Soweit nichts neues, denn im Grunde dreht sich das Rad ja immer wieder von vorne: alle Eltern - zu jeder Zeit - mussten sich mit den Unsicherheiten der Neu-Elternschaft auseinander setzen und ihren Weg finden. Geändert hat sich die immer größer werdende und immer schneller auf uns einprasselnde Informations- und Datenflut. Dabei gerät Wesentliches immer mehr aus dem Fokus. 

Heute frage ich mich immer häufiger: "ist das noch zeitgemäß?"

Einerseits  "fördern" wir die Entwicklung unserer Kinder durch alters- und hirngerechte Sprach- und Bewegungsangebote, bemühen uns durch vom Kind gesteuerte Signale angemessen zu ernähren uvm. Wir bemühen uns intensiv, die jeweiligen Signale der Kinder wahrzunehmen, richtig zu deuten und entsprechend zu beantworten. 

Gleichzeitig erlebe ich eine zunehmende Flut an diversen Kursangeboten mit Inhalten und Vorgehensweisen, die bei mir o.g. Frage auslöst.

Brauchen wir Kurse, in denen unsere Kinder vorgegebene Spiele spielen? 
Glauben wir wirklich, dass ein Baby sich nur dann sozialkompetent entwickelt, wenn es sich mit anderen Babies im Raum aufhält? 
Ist ein Kurs, wo ein fremd vorgegebenes Programm durchgezogen wird, tatsächlich an unserem Kind  und dessen Bedürfnissen orientiert?

Ist es noch zeitgemäß, wenn immer nur vorgefertigtes konsumiert wird? Geht es nicht viel eher darum, den Kindern eine anregende Umgebung zu schaffen und ihnen zu ermöglichen, ihre eigenen Erkenntnisse zu gewinnen. Längst wissen wir, dass wir nur lernen, was wir selbst erfahren. Dass Kinder - von Geburt an - Räume benötigen, in denen sie selbst gestalten können, dass Vernetzung nur stattfindet, wo probiert, experimentiert und geübt wird.

Welcher Sinn liegt also in einem Babyschwimmkurs, in dem die ganze Stunde durchorganisiert Lieder abgesungen und die Kinder dabei hin und her bewegt werden? Ist das noch zeitgemäß? Ich habe neulich mal wieder bei einem solchen Kurs zuschauen können. Kein einziges Kind hat in dieser Stunde eine einzige Sache gemacht, die es selbst vielleicht machen wollte oder eine eigene, selbst gesteuerte Erfahrung über das Wasser und sein im Wasser sein gemacht. Mütter & Kinder wurden nur entertaint, von A nach B geschleust und es wurde gesungen. Es gibt viele solcher Kurse - im Wasser wie an Land. Wem dient sowas?

Ich würde mir viel eher Kurse für Mütter (und Väter) wünschen, die diese ganz persönlich dabei unterstützen, wieder mehr auf ihre eigenen Bedürfnisse und Bauchgefühle zu hören und diese wichtig zu nehmen, damit sie Stärkung für ihren eigenen Weg in der Begleitung ihrer Kinder erfahren. Weniger Information - mehr Eigenes erfahren. 
Und natürlich auch Kurserfahrungen für Kinder, wo Diese tatsächlich etwas erfahren können - etwas, was an ihnen und ihrem Interesse orientiert ist und wo sie mitgestalten dürfen. 

Kinder müssen nicht zur Kompetenz erzogen werden - Kinder sind bereits kompetent. Dies müssen sie erleben dürfen!